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Titanunverträglichkeit

Siebers Team

Titan gilt als ein biokompatibles Material mit einem sehr geringen Allergiepotenz und ist aktuell der Goldstandard als Material für Implantate. Allerdings können allergische Reaktionen durch Verunreinigungen mit anderen Metallen wie Nickel, Vanadium oder Aluminium verursacht werden. Titan selbst besitzt sehr gute Korrosionseigenschaften. Die selten auftretenden Unverträglichkeitsreaktionen gegen Titan entstehen wohl durch den Titanabrieb, der im Nanogrößenbereich stattfindet. Auf diesen Abrieb kann das Immunsystem mit einer gesteigerten Immunantwort reagieren. Um eine Titanunverträglichkeit auszuschließen, liegen drei Verfahren zur Diagnostik vor, die im Folgenden vorgestellt werden.

1. Titanstimulationstest

Die typische Unverträglichkeitsreaktion geht von Gewebemakrophagen (Fresszellen des Immunsystems) und Gingivaosteoklasten (Zellen, die für den Knochenabbau zuständig sind) nach Kontakt mit winzigen Titanpartikeln aus. Um diesen Test durchzuführen, wird dem Patienten Blut abgenommen, welches für zwei Stunden mit Titanpartikeln in Kontakt gebracht wird. Hinterher wird die Menge an produzierten Zytokinen Interleukin-1 (IL1) und Tumor Nekrosefaktor-alpha (TNF-α) bestimmt. Diese Zytokine locken anderen Zellen des Immunsystems an und können zentrale Reaktionen wie Fieber, Appetitlosigkeit oder Schlaflosigkeit auslösen. Zudem wird durch die Zytokinausschüttung die Synthese von Kortison und die Osteoklasten aktiviert, die wiederum den Knochenabbau steigern. Fällt das Testergebnis positiv aus, geht man von einer verzögerten und gestörten Einheilung der Titanimplantate aus. In diesem Fall sollten sie mit Ihrem Implantologen die genauen Risiken bei einer Implantation diskutieren und einen Behandlungs- oder Alternativplan finden.

2. Zytokinmorphismus

Um diesen Test durchzuführen, werden Zellen aus der Mundschleimhaut oder aus dem Blut des Patienten entnommen. Jeder Patient hat eine individuelle Entzündungsneigung. Diese bestimmt die Neigung der Makrophagen zur Ausschüttung von Zytokinen (TNF-α und IL1). Diese individuelle Entzündungsneigung lässt sich in der DNA anhand der sog. Polymorphismen (Sequenzvariation in den Genen) bestimmen. Es sind vier Polymorphismen bekannt, die zu einer verstärkten Entzündungsreaktion führen. Anhand dieser vier Polymorphismen können Patienten mit einer normalen Entzündungsreaktion von Patienten mit einer verstärkten Entzündungsreaktion unterschieden werden. Titanpartikel würden bei Patienten mit verstärkter Entzündungsreaktion eine verstärkte Zytokinausschüttung verursachen. Zudem werden Osteoklasten aktiviert, die zu einem verstärkten Knochenabbau führen, während die Osteoblasten, also die knochenbildenen Zellen gehemmt werden. Der Titanstimulationstest hängt eng mit der genetisch bedingten Entzündungsneigung zusammen. 90% der Patienten mit einem Entzündungsgrad 3 und Grad 4 (höchster Entzündungswert) haben einen positiven Titanstimulationstest. Trotzdem sind Grad 3 und Grad 4 Entzündungswerte kein Ausschlusskriterium für Titanimplantate. Es sollte allerdings auch ein Keramikimplantat als Alternative in Erwägung gezogen werden. Patienten mit einem hohen Entzündungswert müssen engmaschiger kontrolliert und mit Vorsicht behandelt werden. Auch in diesem Falle sollten sie mit Ihrem Implantologen die genauen Risiken bei einer Implantation diskutieren und einen Behandlungs- oder Alternativplan finden.

3. LTT-Test (Lymphozytentransformationstest)

Der LTT-Test bestimmt spezifische T-Lymphozyten, die bei allergischen Reaktionen des Spättyps ausgeschüttet werden. Allergische Reaktionen des Spättyps auf Titan sind aufgrund der Oxidationsfähigkeit des ionischen Titans bei mittleren pH-Werten allerdings sehr selten, da die oxidierten Titanpartikel im Vergleich zu anderen Metallionen, keine Metall-Protein-Komplexe bilden können. Gegen einen solchen Metall-Protein-Komplex reagiert das Immunsystem mit der Bildung spezifischer T-Lymphozyten, die bei dem LTT-Test gemessen werden können. Eine allergische Reaktion auf Titanpartikel selbst ist daher recht unwahrscheinlich. Reaktionen können eher aufgrund von Verunreinigungen durch andere Metalle auftreten.

Allergische Reaktionen auf Titan sind bisher noch nicht ausreichend untersucht worden. Allerdings wurden diverse Symptome wie Hautrötungen oder Implantatverluste beschrieben. Bei unerklärlichem Implantatverlust sollte also auch eine Titanunverträglichkeit in Erwägung gezogen werden und Keramikimplantate als Alternative bedacht werden.

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